Was Vinzenz von Paul und Luise von Marillac uns heute noch zu sagen haben
Als katholische Kongregation folgen wir in allen weltlichen und geistlichen Belangen einem festen Wertekanon. Diese Werte sind Leitlinien unseres individuellen Handelns und gleichzeitig das Band, das unsere Gemeinschaft – Schwestern und weltliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – zusammenhält. Die drängenden Fragen der Zeit sind heute andere als zu Lebzeiten Vinzenz von Pauls. Aber die tiefe Erkenntnis, dass Gott unsere Hände braucht, um sein Werk zu tun, ist heute so aktuell wie damals.
In allem, was wir tun – im Großen wie im Kleinen – handeln wir nach fünf grundlegenden Maximen:
1. Barmherzigkeit leben
"Erbarmen ist das innerste Geheimnis Gottes."
Anders als zu Zeiten Vinzenz von Pauls fühlen sich die Menschen heute nicht mehr von gnadenlosen Fürsten und Grundbesitzern bedroht, sondern von der Allmacht der Effizienz und der Kosten-Nutzen-Rechnung. Geben ohne Gegenleistung, Schenken ohne Gedanke an den Return on Invest – das ist die neue Freiheit des Glauben.
2. Leben würdigen
„Das Heil der Menschen ist ein so kostbares Gut, dass man sich darum kümmern muss, gleich, welchen Preis es kosten mag.“
In den Kranken- und Pflegeeinrichtungen unserer Kongregation sind Schwestern und Mitarbeiter mit Gewissensentscheidungen größter Tragweite konfrontiert. Aber der Glaube macht uns auch solche Entscheidungen leicht. Denn für uns ist jeder Mensch ist von der ersten bis zur letzten Sekunde seines Lebens Geschöpf und Ebenbild Gottes mit allen unveräußerlichen Rechten – egal, wie viele Euro das kostet.
3. Dienen - Miteinander - Füreinander
"Unsere einzige Lebensaufgabe heißt Wirken.“
Noch nie haben so viele Menschen von sich behauptet „teamfähig“ zu sein – und noch nie war es seltener wahr. Sich in den Vordergrund spielen und andere an den Rand drängen bringt Anerkennung in den Sozialen Medien. Nicht bei uns. Wir arbeiten miteinander und füreinander. Denn wir tun das nicht für uns, sondern für die Menschen, die ihr ganzes Leben lang an den Rand gedrängt werden. Angesichts der tatsächlichen Not verbieten sich persönliche Eitelkeiten ohnehin von selbst.
4. Wertschätzung pflegen und fördern
„Wir schulden jedem Menschen Achtung“.
Vinzenz von Paul und Luise von Marillac ermahnen uns, jedem Menschen – unabhängig von Rang, Titel und Position mit Herzlichkeit und Hochachtung zu begegnen. Unsere Wertschätzung kommt aus dem Herzen, nicht aus Führungskräfte-Seminaren. Sie fragt nicht danach, was vom Gegenüber an Gegenleistung zu erwarten ist. Deswegen scheuen wir nie das offene und ehrliche Gespräche miteinander. Denn nur so wachse wir als Individuen und als Gemeinschaft.
5. Wirtschaftlich und verantwortlich handeln als Schöpfungsauftrag
„Keinen besseren Gebrauch kann man von den Erdengütern machen, als sie in den Dienst erbarmender Liebe zu stellen.“
Um das große Werk Vinzenz von Pauls für die Zukunft zu erhalten, müssen wir unternehmerisch denken und handeln. Nur so werden wir der Verantwortung für unsere Mitarbeiter, für Patienten, Bewohner, Hilfs- und Schutzbedürftige gerecht. Aber wir beweisen jeden Tag, dass sich soziale und ökologische Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Erfolg niemals gegenseitig ausschließen, wenn das Wohl Aller das Denken bestimmt, nicht der Profit Einzelner.